Wo das Herz des Bauernhauses schlägt
Weißt Du, wo der Herrgottswinkel ist? Und was eine Ofenbrücke ist? Eine Zeitreise der Stubenkultur auf Südtirols Bauernhöfen.
Weißt Du, wo der Herrgottswinkel ist? Was eine Ofenbrücke ist? Und, dass die Stube lange der einzige beheizte Raum im Bauernhaus war? Eine Zeitreise der Stubenkultur auf Südtirols Bauernhöfen.
Das Wort „Stube“ stammt aus dem Althochdeutschen „stuba“ und bezeichnet etymologisch einen beheizten Wohnraum. Doch die Südtiroler Bauernstube ist mehr als nur ein Raum. Sie verkörpert Kultur und bäuerliche Lebensart. Sie ist Wohnzimmer, Wohlfühloase, Treffpunkt, Besprechungsraum und Festsaal zugleich. Die Stube ist gefüllt mit Leben. Und Mittelpunkt des Bauernhauses. Früher wie heute ist sie am Bauernhof der Ort, wo Familie und Gäste Wärme und Geborgenheit finden. Wie die traditionelle Südtiroler Stube aussieht? Ein großer Raum mit Holztäfelung und Holzdecke, einem großen, massiven Tisch, kunstvollen Holzstühlen und einer Eckbank sowie einem gemauerten Ofen in der gegenüberliegenden Ecke. Hier geht all die Magie von statten.
Von Herrgottswinkeln und Kachelöfen
Ungeschriebenes Stuben-Gesetz: Der Tisch mit Sitzgelegenheiten für die ganze Familie steht immer im Herrgottswinkel. Damit ist jene Ecke des Raumes gemeint, wo das Kruzifix hängt. Zu Ostern bringt die Bauersfamilie an diesem gesegnete „Palmbuschen“ (Ölzweige) an, um Unheil von Haus und Hof fernzuhalten. Links und rechts wird das Kreuz zudem meist von einem Bild der Mutter Gottes und einem „Herrgottsbild“ flankiert.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Stube findet der Bauernofen seinen Platz. Hier wird zwischen dem Kachelofen und dem traditionell gemauerten Ofen unterschieden. Der Kachelofen ist ein hoher, mit verzierten Keramikkacheln verkleideter Ofen, der vor allem die Stuben der wohlhabenden Bauern zierte. Viel verbreiteter ist der Bauernofen mit einem Mauerwerksbau mit Tonnengewölbe. Beheizt wird dieser bequem von außerhalb der Stube, damit diese rauch- und rußfrei bleibt. Was bei keiner der beiden Varianten fehlen darf: eine gemütliche Ofenbank samt Ofenbrücke! Während die Ofenbank sich rund um den Ofen schmiegt, ist die Brücke eine Holzkonstruktion direkt oberhalb des Ofens. Somit kann die ganze Bauernfamilie von der Wärme des Ofens profitieren. Auf der Ofenbank hält der Bauer gerne sein Mittagsschläfchen, die Holzbalken eignen sich hervorragend zum Wäschetrocknen und auf der Ofenbrücke toben sich am liebsten die Kinder aus.
Ein Raum mit Geschichte(n)
Wenn die Ritzen und Kerben eines alten Stubentisches reden könnten, hätte man schnell ein ganzes Buch gefüllt. Seit jeher stellte die Stube den Mittelpunkt des täglichen Lebens am Bauernhof dar. Der holzgetäfelte Raum war im wahrsten Sinne des Wortes das Wohn-Zimmer: Hier versammelte sich die ganze Familie, hier spielten die Kinder, webte die Mutter, schnitzte der Vater. In der Stube aß die Familie drei Mal täglich gemeinsam, ruhte sich nach einem langen Arbeitstag aus und besprach die Probleme am Hof. Hier wurde aber auch ausgiebig gefeiert. Der Nikolaus und das Christkind kommen heute traditionell immer noch in der Bauernstube. In der Stube stand die Wiege und am Ende des Lebens der Sarg. Die Stube war nämlich auch die letzte Station der Verstorbenen – ihr Leichnam wurde dort aufgebahrt. Auf diese Weise wurde die Stube von den Geschichten einer Familie geprägt.
Auch, wenn die Stube heute längst nicht mehr der einzig beheizte Raum im Bauernhaus ist, ist sie bestimmt noch der gemütlichste. Hier wird noch immer gerastet, gegessen, gesungen und gelacht. In den Genuss der Stube kommen heute auch die Gäste am Hof – sie wird auf den Urlaubsbauernhöfen häufig als Aufenthaltsraum genutzt. Ob es eine Karten-Partie, die Wärme des Bauernofens, ein Glas Wein oder das vorzügliche Bauernhof-Frühstück ist, es sind immer Momente persönlichen Austauschs, die am Stubentisch zusammenführen. Hier wird nicht nur für das leibliche, sondern auch für das seelische Wohl gesorgt. Damals wie heute strahlt die Bauernstube eine wohlige Wärme und Behaglichkeit aus, lädt zum Beisammensein ein und lässt die eine heimelige Atmosphäre verspüren.
Schon gewusst?
Was in einer original Südtiroler Bauernstube auf keinen Fall fehlen darf, erfährst du hier.
ist traditionell aus massivem Holz
umrahmt den Tisch an zwei Seiten
ist jene Ecke, wo das Kruzifix hängt
ist seit jeher zentrales Element des Raumes
ist für viele absoluter Lieblingsplatz
isoliert den Raum und hält ihn kuschelig warm.